Was benötigen eine Organisation und deren Mitarbeitende um ein DMS wirklich zu benutzen?

Hallo zusammen,

@jt hat in einem anderen Thread die Frage aufgeworfen, was es braucht, damit ein DMS von den Benutzern bzw. einer Organisation genutzt wird. Ich möchte mit dieser Frage einen neuen Thread starten, damit wir uns in breiterer Runde darüber austauschen können.

Was Jens beschreibt, habe ich selbst auch schon erlebt.

Dem Benutzer ist es meiner Erahrung nach egal, wieviele und welche Systeme er in seiner täglichen Arbeit nutzt und bedient. Wichtig ist ihm, dass er seine Arbeit effizient erledigen kann und dass ihm keine Motivationsbarrieren im Weg stehen. Oder anders formuliert, in einer idealen Welt merkt der Benutzer gar nicht, dass er in seiner täglichen Arbeit ein DMS benutzt oder bedient. Die Barrieren können nun technischer oder organisatorischer Art sein.

Voraussetzungen damit ein DMS akzeptiert und genutzt wird:

  • Technische Voraussetzungen

    • gute Systemperformance
    • ansprechendes / modernes / ergonomisches GUI
    • möglichst wenig Systembrüche
      • bei der Ablage ins DMS
        • Dokumente können mit Drag&Drop abgelegt werden
        • eMails können direkt aus dem Mailclient in das DMS eingeordnet werden
      • beim Rückgriff auf das DMS
        • Dokumente sind in den Fremdsystemen verlinkt und lassen sich öffnen ohne das DMS zu starten
    • Initiale Befüllung des DMS
      • Das DMS soll während des Einführungsprojekts mit vorhandenem Content befüllt werden. In der Regel sind Dokumente in gewachsenen Strukturen in Filesystemen vorhanden. Dieser Content soll beim GoLive bereits im DMS vorhanden und das Filesystem abgelöst sein.
  • Organisatorische Voraussetzungen

    • Aktenplan/Ablageplan erstellen
      • Bei der Erarbeitung sollen Benutzer mit eingebunden werden
      • Den Mut haben und auch Dokumente benennen, die nicht ins DMS abgelegt werden sollen
    • Application-Landscape dokumentieren und das DMS als zentrale Querschnitts-Applikation einbetten
    • flache Ablagestrutkur → bedingt umfangreiche Suchfunktionalitäten
    • Führungskräfte sind Vorbild und nutzen das DMS
    • Continual Improvement
      • Nach Projektabschluss Reviews durchführen, um Verbesserungspotential zu identifizieren und umzusetzen

Jens stellt berechtigerweise folgendes fest:

Hallo Daniel,
vielen Dank für die Antwort. Das war genau das, was ich gebraucht habe. Einige Punkte davon hatte ich überhaupt nicht im Blick. Besonders den Satz

in einer idealen Welt merkt der Benutzer gar nicht, dass er in seiner täglichen Arbeit ein DMS benutzt

finde ich sehr gut. Das ist in einer Welt der Fat-Clients mit Fachverfahren von vielen verschiedenen Herstellern gar nicht so einfach.

So wie ich Jens verstehe, geht es ihm um Systembrüche.

Systembrüche tauchen immer mal wieder auf und manchmal kann man die einfach nicht ändern. Dennoch gibt es Maßnahmen, die ich ergreifen würde, um trotzdem ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen.

Ich würde zum Beispiel zuerst einmal die Systembrüche auflisten und analysieren und gucken, was möglich ist. Zum Beispiel bei den Fat-Clients: lassen sich hier bspw. einige Verfahren identifizieren, die häufig gebraucht werden? und dann: kann für diese ein Workaround gefunden werden? also: wo sind 80 Prozent der Probleme und wie löse ich sie? So könnten Mitarbeitende motiviert werden, trotz kleinerer Problem weiter zu arbeiten, wenn die Hauptsache möglichst gut läuft.

Wenn die Mitarbeitenden weiterhin Probleme haben, könnte man mit organisatorischen Maßnahmen helfen. Damit meine ich, transparent zu kommunizieren, dass man sich bewusst ist, dass das Problem besteht und wirklich gut gut begründen, warum es sich derzeit nicht lösen lässt und man dennoch an dem Produkt festhält. Denn natürlich sollte unbedingt vermieden werden, dass das Produkt insgesamt infrage gestellt wird.

Eventuell könnte man auch den Produkthersteller kontaktieren und versuchen, im Produkt Änderungen zu erwirken.

@jt, wie bist Du denn bisher in solchen Situationen vorgegangen?

Gruss
Daniel

1 „Gefällt mir“

Hallo zusammen. Hallo Daniel,
vielen Dank, dass Du das Thema hierhin überführt und wieder aufgegriffen hast.

Zu Deiner Frage:
in meiner Tätigkeit als Consultant habe ich (glücklicherweise) hauptsächlich mit einer Personalaktenlösung zu tun, die sehr gut mit dem SAP-Fachverfahren verbunden ist. Es bleiben aber zwei Fat-Clients nebeneinander. An dieser Stelle - stimme ich Dir vollkommen zu - muss man klar und ehrlich kommunizieren und auch die verschieden Anwendungsfälle aufzeigen.

Oft ist schon ein vergleichsweise kleines Feature wie Single-Sign-On dann ein großer Pluspunkt. Ideal sind auch Fälle wo unterschiedliche Personengruppen (hauptsächlich) mit jeweils nur einem Fat-Client arbeiten müssen. Aber oft höre ich den Stoßseufzer: „dann muss ich in Zukunft immer beiden Anwendungen offen haben“.

Ich sehe gerade im DMS-Bereich Unterschiede bei Medienbrüchen.

  • die (wortwörtliche) Digitalisierung von Papierakten wird offen kommuniziert. Im Grunde sind sich hier alle einig, dass analog die Vergangenheit und digital die Gegenwart ist. Die Medienbrüche von Papier zu digital werden daher anerkannt, man kümmerst sich um die Altakten-Verscannung und Posteingang mit Scanstrecke. Für Unverständnis sorgt hier, wenn zum Beispiele keine Dokument-Workflows vorhanden sind - also wenn digitale Dokumente wieder ausgedruckt, unterschrieben und eingescannt werden müssen. Das sind aber in meinen Augen relativ gut lösbare Probleme.

  • Gleichzeitig ist die Integration von verschiedenen Informationssystemen ein generelles Problem, von dem auch DMS betroffen ist. Bei DMS sehe ich gewisse Unterschiede im Nutzerverhalten (und der Erwartung). Manche Anwender möchten DMS als zentrales Workflow-System haben in dem Großteile der Fallbearbeitung stattfindet. Für viele ist DMS aber auch nur das „Archiv“, wo niemand Schreibzugriff hat - dann sind die Erwartungen an tiefe Integration ohnehin geringer.

Das Ideal wäre in meinen Augen ganz klar das „unsichtbare“ DMS. Ich bin sehr gespannt ob zukünftige Lösungen das liefern werden. Bei uns sollen in naher Zukunft Dokumente auch direkt im DMS bearbeitet werden können - ohne den Umweg über eine externe Office-Anwendung. Wenn das funktioniert, hätten wir damit wieder einen Medienbruch eingespart.

Ergänzung:
@dm Du hast „Systembrüche“ geschrieben, ich habe es auf „Systembrüche“ und „Medienbrüche“ bezogen. Beides ist schädlich, aber wie Du schreibst, geht es bei den Fat-Clients um die Systemintegration und insofern um die „Systembrüche“.

Zu dem Thema, wie Mitarbeitende die Digitalisierung mittragen, hat Stefan Nehls von Zeppelin im Podcast von Optimal Systems etwas erzählt (zu finden hier Podcast: Digitalisierung bei Zeppelin)

Er sagt zum Beispiel, dass der Impuls zur Digitalisierung aus dem Fachbereich kommen sollte, anstatt von oben initiiert zu werden. Er nennt es ein ‚Projekt des Miteinander‘ und geht auch darauf ein, wie man Menschen mitnehmen kann, die am Anfang noch nicht so begeistert sind. Und er sagt, dass sich kleine Schritte anbieten, wobei das Endziel im Auge behalten wird. Also nicht von Null auf digitalisiert.

Viele Grüße,
Desiree