Die NZZ hat am Mittwoch 08.09.2021 in einem Artikel festgestellt, dass die Verwaltung in der Schweiz beim Thema Digitalisierung grosse Probleme hat und nicht vorankommt. Der Beitrag ist leider nicht online zu finden (Titel „Es hapert bei der Digitalisierung der Verwaltung“), deshalb fasse ich mal kurz zusammen:
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Die Kernthese des Autors lautet: es fehlen Mut und Verantwortungsbewusstsein und die Prioritäten werden falsch gesetzt.
Als Beispiel wird das Scheitern des digitalen Passes (E-ID) genannt. Die Gründe für das Scheitern sind laut Autor folgende:
- Widerstände innerhalb der Verwaltung: Angst vor hohen Betriebskosten, fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung.
- Fehler im Konzept: Aufweichung des ursprünglichen Konzepts durch Einbeziehen von privaten Firmen in einer Art staatlich-privaten Kooperation. zusätzlich sicherheitstechnische und datenschützerische Probleme.
- Ignorieren von Expertenmeinungen
Im Grundsatz wollte die Verwaltung nicht die alleinige Verantwortung für die technische Umsetzung der E-ID übernehmen.
Es fehlten die Grundlagen für eine wirkliche Digitalisierung. Die Gründe dafür: die dezentrale Staatsstruktur, die einheitliche Lösungen und Standards erschwert. Fehlender Nutzen für die Bevölkerung und die Wirtschaft. Fehlende Nähe zwischen Staat und Bürgern. Fehlende Dienstleistungsorientierung des Staates. Strukturelle Probleme in der Verwaltung und interne Machtkämpfe.
Immerhin gebe es mittlerweile zwar einen Beauftragten für die digitale Verwaltung, doch der Autor zweifelt daran, wie viel Durchsetzungsvermögen dieser tatsächlich hat.
Der Autor stellt die Frage, wie die Digitalisierung der Behörden (trotz Föderalismus) beschleunigt werden kann. Seine Antworten: politischer Wille, Standards bei Technologien, Synergien in der technischen Umsetzung, Wettbewerb zwischen Kantonen sei gut. Und dann braucht es ganz viel Mut: Mut, um Verantwortung zu übernehmen, um Fehler zu machen oder zu scheitern, Mut zum Unperfekten. Für ihn sind die Weichen eigentlich gestellt und die Voraussetzungen gut. Es fehlten rein die Verantwortlichen, die sich aufraffen und zusammenraufen müssten.
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Aus meiner Sicht unterschätzt der Artikel die Veränderungsbereitschaft und Einflusskraft der Digital Natives. Einerseits nimmt die Zahl der Digital Natives innerhalb der Verwaltungen stetig zu. Andererseits wächst in der Bevölkerung die Zahl der Digital Natives. An beiden Stellen sind die Digital Natives die Treiber für Verwaltungsdienstleistungen auf digitaler Basis, die einen wollen sie erbringen, die anderen wollen sie beziehen. Die heute noch bestehenden Widerstände und Hemmnisse könnten damit schneller an Bedeutung verlieren als angenommen.